InselBiotope – Kleingewässer als Trittsteine im Biotopverbund auf der Insel Rügen
Rügen: Bedrohtes Paradies
Die Insel Rügen: Bekannt für die beliebten Erholungsorte und Seebäder, alte Alleenstraßen, die weißen Kreidefelsen, den weiten Blick über das Meer vom Hochuferweg und lange Sandstrände. Und zugleich Heimat für viele bedrohte Arten wie Seeadler, Springfrosch und Rotbauchunke, welche in einigen Teilen der Insel noch recht ungestört leben können.
Lebensräume gehen verloren
Doch abseits der Naturschutzgebiete, der Tourismus-Hochburgen und Strände findet sich eine weitläufige und ausgeräumte Ackerlandschaft, die in den vergangenen Jahrzehnten stark an Strukturen und Lebensräumen verloren hat. Allein der Anteil an Kleingewässern hat sich seit 1900 um fast ein Drittel verringert¹. Weit über 1.500 Gewässer, die schlichtweg verschwunden sind – verlandet, umgepflügt, trockengelegt oder überbaut. Dabei bieten gerade diese Kleinstrukturen den hier lebenden Tier- und Pflanzenarten wichtige Lebensräume und die Möglichkeit, sich über weite Strecken auszubreiten und auszutauschen.
Gingst auf Rügen im Jahr 1953 (links) und 2020 (rechts)
Verlust an Kleingewässern hat ernste Konsequenzen
Welche Konsequenzen dieser Verlust an Kleingewässern mit sich führt, wird deutlich, wenn man den Bestand der streng geschützten Rotbauchunken (Bombina bombina) über die letzten Jahrzehnte betrachtet. Mecklenburg-Vorpommern hat für diese Art eine besondere Verantwortung, da hier deutschlandweit die größten Populationen vorkommen. Jedoch ist sie von dem Schwund ihrer Lebensräume akut bedroht und aufgrund immenser Bestandsrückgänge in der Roten Liste Mecklenburg-Vorpommerns als stark gefährdet geführt.
Belastbare Untersuchungen gab es vor allem im angrenzenden Brandenburg, wo sich zwischen 1970 und 1990 die von Rotbauchunken besiedelte Fläche um ein Drittel reduzierte². Die Rotbauchunke steht hier stellvertretend für zahlreiche andere Arten, die für ihren Fortbestand auf Kleingewässer angewiesen sind.
Zauneidechse
Rotbauchunke
Biotopverbund in der Region stärken
An diesem Punkt möchte der Landschaftspflegeverband Rügen e.V. mit dem Teilprojekt „InselBiotope – Kleingewässer als Trittsteine im Biotopverbund auf der Insel Rügen“ ansetzen, um den Biotopverbund in der Region wieder zu stärken und die Voraussetzungen für die Artenvielfalt auf der Insel zu verbessern.
Mithilfe einer qualitativen Verbesserung einiger der verbliebenen Kleingewässer werden die Lebensräume von Rotbauchunke und anderen Arten aufgewertet, damit sie sich hier wieder ansiedeln können. Als Trittsteine helfen diese Biotope zudem, dass die Tiere sich wieder verbreiten können. Regionen, die einst besiedelt waren, können somit erneut von den Arten erschlossen werden. Unsere konkreten Maßnahmen innerhalb des Teilprojekts InselBiotope:
Renaturierung von Kleingewässern durch Entschlammung (biologisch und konventionell)
Anlage von naturnahen Habitatelementen und Lebensraumstrukturen im Gewässerumfeld
Anlage der Infrastruktur für Naturerleben und umfassende Information der Besucher:innen und Anwohner:innen
Organisation von Aktionstagen und Veranstaltungen für Umweltbildung
Organisation der Biotoparbeitsgruppe zur Erarbeitung inselweiter Konzeptionen
Engagement in den Gemeinden
Im Fokus stehen mehrere Kleingewässer im unmittelbaren Siedlungsumfeld, wo die Missstände für die Bewohner:innen und Besucher:innen deutlich sichtbar sind. Die Gemeinden möchten sich mit Hilfe des Landschaftspflegeverbandes Rügen e.V. engagieren und die verschlammten und teils verlandeten Gewässer in einen artenreichen Lebensraum zurückverwandeln, der für die Bevölkerung sichtbar und erlebbar ist.
Ackerhummel auf Flockenblume
Teichfrosch
Erfolgreiche Renaturierung eines Dorfteichs
Bereits in einem vorherigen Projekt konnte der Landschaftspflegeverband Rügen e.V. mit der Renaturierung des Dorfteiches in Gustow einen Beitrag zum Biotopverbund leisten. Das arten- und strukturarme sowie stark verschlammte Gewässer wurde in ein naturnahes Refugium für Mensch und Tier verwandelt. Die Arten finden in den sonst intensiv genutzten und gepflegten Siedlungsgebieten neue Rückzugsräume und optimierte Habitate und können diese als Trittstein zu umliegenden Strukturen nutzen.
Erholungsräume direkt vor der Haustür
Zugleich bieten sich der Bevölkerung Erholungsräume direkt vor der Haustür. Sie laden zum Entspannen, Beobachten und Lernen ein. Mit vielfältigen Aktionen rund um die Verbesserung der Lebensraumqualität sowie anschaulichen Informationstafeln wird vor Ort über die ökologischen Zusammenhänge aufgeklärt. Das stärkt das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Wichtigkeit des Biotopverbundes. Zudem dienen die Maßnahmen als gutes Beispiel und Ansporn für weitere Gemeinden: Das Konzept Biotopverbund funktioniert überall. Und schon mit kleinen Projekten kann viel für die biologische Vielfalt getan werden.
Mohnblumen
Weißling auf Lavendel
Weiterführende Information
Interview mit dem NDR Hörfunk – Gerlinde Bieker, die Bürgermeistern von Gingst und Vreni Zimmermann von InselBiotope erzählen.
Handreichung „Artenportraits einheimischer Gehölze“ – Bei der Wahl von Gehölzen sollte immer auf gebietseigenes Saat- und Pflanzgut geachtet werden. Wie ist die Wuchsform der jeweiligen Pflanzenart? Ist das Gehölz für Vögel oder Insekten geeignet? Die wichtigsten Infos pragmatisch zusammengefasst erhalten sie hier.
Broschüre „Naturnah pflegen“ – Gehölze spielen an den Dorfteichen auf Rügen eine wichtige Rolle. Doch wann sind diese zu pflegen? Was ist ein Erziehungsschnitt? Die Broschüre klärt auf!
Flyer „Modellregion Rügen InselBiotope“ – Sie erhalten tiefere Einblicke in die Projektdetails.
Beratung anfordern
Der Landschaftspflegeverband Rügen e.V. hat eine Biotopverbund-Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. Gemeinsam mit beteiligten und interessierten Kommunen, fachlich involvierten Institutionen und den Förderern des Teilprojektes soll hier eine übergeordnete Konzeption für die Modellregion erarbeitet werden.
Mit enger Zusammenarbeit und konstruktivem Austausch können wir gemeinsam für den Biotopverbund eintreten. Jeder kann mitmachen und seinen Teil leisten – wir beraten Sie gern!
Kontakt:
Landschaftspflegeverband Rügen e. V.
Telefon: 03838 404512
E-Mail: poststelle@lpv-ruegen.de
Gefördert bis Juli 2024 durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Das Teilprojekt InselBiotope wurde bis Juli 2024 zudem gefördert durch das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern und durch die OSTSEESTIFTUNG.
Quellen
1 Eigene Ermittlung anhand von Topographischen Karten (1900, 1980, 1995, aktuell) und Luftbildern (1953 und aktuell)
2 Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie: Artensteckbrief der FFH-Arten – Rotbauchunke
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