BioGraf – Biotopverbund im Grafschafter Vechte- und Dinkeltal
Ursprüngliche Landschaft heute stark gefährdet
Vor rund 120 Jahren schlängelten sich die Flüsse Vechte und Dinkel durch die Grafschaft Bentheim. Felder umgrenzt von Wallhecken, Wiesen, Wäldern, Mooren und großen Heideflächen mit Wacholderbüschen wechselten sich ab. Die Siedlungen waren noch klein, es gab nur wenige Straßen. Viele Tier- und Pflanzenarten Nordwestdeutschlands fanden hier einen Lebensraum, vom Fischotter über den Kiebitz bis zur Knoblauchkröte.
Doch das Leben der Menschen war mühsam. Dem sandigen oder moorig-nassen Boden etwas abzutrotzen, kostete die Grafschafter viel Kraft. Einfacher wurde es durch die Errungenschaften der modernen Landwirtschaft mit Kunstdünger, immer größeren Traktoren, Flurbereinigungen und dem Emslandplan. Der Emslandplan war ein groß angelegtes Strukturförderprojekt, das von 1951 bis 1989 etwa 2,1 Mrd. D-Mark u.a. in die landwirtschaftliche Urbarmachung der Moore in der Grafschaft Bentheim und im Emsland investierte. Dies alles legte zusammen mit dem Erstarken der Textilindustrie den Grundstein für den heutigen Wohlstand und die Entwicklung der Region. Später kamen Infrastrukturprojekte, erneuerbare Energien und viele andere Nutzungsansprüche an die Fläche hinzu.
Verlust von Lebensräumen und Arten
Der hohe Preis war ein Verlust von Lebensräumen und Arten. So hat der Anteil besonders wertvoller Lebensräume in der Agrarlandschaft in Niedersachsen zwischen 2009 und 2017 um fast ein Viertel abgenommen¹ (High Nature Value Farmland Indikator). Dazu gehören zum Beispiel Grünland, Kleingewässer, unbefestigte Feldwege und Brachen.
Weidenjungfer
Wasserfrosch
Wiesenvogelbestände bedroht
Der Verlust des Grünlandes wirkt sich vor allem auf die Wiesenvogelbestände aus, für deren Erhalt Niedersachsen eine besondere Verantwortung trägt: Seit 2007 haben die Bestände des Kiebitzes in Niedersachsen um 52 Prozent abgenommen, die der Uferschnepfe um 63 Prozent und die der Bekassine um 82 Prozent².
Vechte in der Grafschaft Bentheim im Jahr 1937 (links) und 2020 (rechts)
Teilprojekt BioGraf bringt Akteure zusammen
Aber es ist noch nicht vollends zu spät! Viele Akteure können mit kleinen und großen Bausteinen dazu beitragen, naturnahe Lebensräume zu verbessern, (wieder)herzustellen und so zu verbinden, dass ein Miteinander von Mensch und Natur möglich ist. Daher hat die Naturschutzstiftung Grafschaft Bentheim das Teilprojekt „BioGraf – Biotopverbund im Grafschafter Vechte- und Dinkeltal“ ins Leben gerufen, um die Akteure zusammenzubringen, Ideen zu geben und beispielhaft Maßnahmen umzusetzen.
Die Flüsse Vechte und Dinkel mit ihren Auenbereichen sind dabei ideal, um diesen Verbund von Lebensräumen und das Miteinander voranzubringen, auszuprobieren und vorzuzeigen, denn sie durchziehen die Grafschaft Bentheim wie eine blaue Lebensader und sind ein Anker für das Selbstverständnis der Region. Geplant sind unter anderem Runde Tische mit den Kommunen für eine nachhaltige Biotopverbundplanung. Erfolgreiche Stiftungs-Projekte wie das INTERREG-Projekt Living-Vechte-Dinkel haben gezeigt, dass vertrauensvolle Dialogprozesse zu guten Ideen und neuen Lösungen führen können.
Im Teilprojekt BioGraf sind außerdem geplant:
strategische Flächenankäufe
die Anlage von artenreichem Grünland
die Revitalisierung von Kleingewässern der Aue
begleitende Öffentlichkeits– und Umweltbildungsarbeit mit dem Ziel, den regionalen Biotopverbund und die Wertschätzung für die heimische biologische Vielfalt zu verbessern
Alle Interessierten sind aufgerufen, sich beraten zu lassen und mitzumachen, denn die besten Ideen entstehen erst im gemeinsamen Gespräch!
Teichmolch
Galloways
Kontakt zur Naturschutzstiftung Grafschaft Bentheim
Christian Kerperin (Dipl. Ing.)
Telefon: 05921 96-1622
E-Mail: christian.kerperin@grafschaft.de
Gefördert bis Juli 2024 durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Das Teilprojekt BioGraf wurde bis 2024 zudem gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz.
Quellen
1 Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) (2015): Wirkung des Kooperationsprogrammes Naturschutz und weiterer Niedersächsischer und Bremer Agrarumweltmaßnahmen auf die Biodiversität –Ergebnisse der Untersuchung 2007-2014. 208 S.
2 T. KRÜGER & M. NIPKOW (2015): Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Brutvogelarten, 8. Fassung, Stand 2015. Veröffentlicht in: Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen, Heft 4/15.
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