Umfeldgestaltung der Dorfteiche auf Rügen – vor der Pflanzung erst das Aufräumen

11. April 2022

Um an den Gewässern in Gingst, Trent und Patzig die in den Entwürfen vorgesehenen Umfeldgestaltungsmaßnahmen mit umfangreichen Gehölzpflanzungen und der Anlage von Lebensraumelementen durchführen zu können, mussten zuerst einige Gehölze weichen.

Leitbilder für optimale Lebensräume

Zu Beginn einer jeden Maßnahme muss zunächst das Ziel klar definiert sein, wie der optimale und naturnahe Lebensraum der heimischen Arten aussehen soll. Das übergeordnete Leitbild für die Aufwertung und Umfeldgestaltung der Kleingewässer sieht heimische und standortgerechte Gehölzbestände um die Gewässer vor, wobei jedoch auch eine gute Besonnung für einen optimalen Lebensraum von Amphibien gewährleistet sein soll.

An den drei Gewässern in Gingst, Trent und Patzig fanden sich hier ganz unterschiedliche Ausgangssituationen. Eine Gemeinsamkeit gab es allerdings: nichtheimische Gehölzbestände, die in unmittelbarer Nähe zum Ufer für starke Beschattung oder reichlich Laubeintrag sorgten. Bevor also im Umfeld der Gewässer standortgerechte Pflanzungen aus heimischen Gehölzen angelegt werden können, sind erst einige Maßnahmen zum „Aufräumen“ erforderlich.

Umfangreiche Rodungsarbeiten für eine bessere Ausgangssituation

Auch wenn es im ersten Moment etwas wüst an den Gewässern anmutet – die umfangreichen Gehölzrodungen sind wichtig. Es wurden an allen drei Gewässern nichtheimische Nadelgehölze wie Lebensbäume (Thuja spec.) und Fichten (Picea spec.) entnommen, die nur einen geringen ökologischen Wert aufweisen.

In Trent wurden zudem große Hybrid-Pappeln (Populus x canadensis) gefällt, die nicht nur für eine starke Verschattung des Kleingewässers sorgten, sondern auch aufgrund des hohen Alters stark bruchgefährdet waren, sodass neben großen Mengen an Laub auch Äste in das Gewässer fielen, was wiederum erhöhte Nährstoffeinträge bedeutete.

Gesunde Gehölzbestände für langfristig stabile Lebensräume fördern

In Patzig waren weitere Rodungsarbeiten erforderlich. Hier war der heimische Zitter-Pappel-Bestand (Populus tremula) von einer unbekannten Krankheit befallen, die sowohl junge als auch alte Bäume stark schädigte und zum Teil sogar bereits zum Absterben führte. Um ein weiteres Ausbreiten der Krankheit zu unterbinden oder zumindest zu verlangsamen, wurden befallene Pappeln und auch der üppige Jungwuchs entfernt.

Der Gehölzbestand soll im weiteren Verlauf des Projektes einen neuen, artenreichen Saum erhalten, der auch in Zukunft für eine gesunde Naturverjüngung der Fläche sorgen wird. Um die kranken Gehölze möglichst bestandsschonend zu entfernen, wurde von der ausführenden Firma ein Spezialbagger (Menzi Muck Schreitbagger) eingesetzt, welcher einzelne Bäume greifen und zugleich absägen kann.

Einsatz des Spezialbaggers am Mönchsoll in Patzig. Foto: Landschaftspflegeverband Rügen e.V.

Fachgerechte Gehölzpflege als Präventionsmaßnahme

Wie schon die vom LPV Rügen e.V. organisierten Workshops zum Themenschwerpunkt „Naturnah pflegen“ und die dazugehörige Broschüre vermitteln, ist die richtige Pflege das A und O für gut entwickelte und vitale Gehölzbestände, an denen Mensch und Tier lange Freude haben.

Im Idealfall werden die Gehölze bereits ab der Pflanzung regelmäßig beschnitten, um einen dichteren und gesünderen Aufbau zu erreichen und somit langlebige und sichere Rückzugsorte für viele Tierarten zu bieten. Doch auch wenn die Pflege einige Jahre vernachlässigt wurde, können einige ältere Bäume auch mit radikal erscheinenden Maßnahmen noch gerettet werden.

Kopfweiden: Kulturgut und wertvolles Lebensraumelement

Ein gutes Beispiel hierfür sind die Kopfweidenbestände, die es heute noch an vielen Gewässern gibt. Früher wurden Gehölze zu Kopfbäumen erzogen, um die jungen Triebe beispielsweise zum Flechten von Körben zu verwenden. Mit der Aufgabe der Nutzung fehlte auch die notwendige Pflege, um die Kopfform aufrecht zu erhalten.

Die Triebe wachsen zu großen Starkästen heran, deren Gewicht die Köpfe irgendwann nicht mehr tragen können, sodass die Bäume unter der Last auseinanderbrechen. Bekanntermaßen sind Weiden jedoch sehr vital und wüchsig, sodass mit einem behutsamen Entfernen aller Triebe und Starkäste bis auf den alten Kopf der Baum gerettet und als wertvolles Habitatelement erhalten werden kann. Denn die alten Weiden bieten mit ihrer zerfurchten Rinde sowie den Spalten und Höhlungen sowohl Fledermäusen als auch Vögeln, Insekten und Kleinsäugern ein Zuhause.

Das Mönchsoll in Patzig mit den frisch gestutzten Kopfweiden. Foto: Landschaftspflegeverband Rügen e.V.

Artenschutz in der Landschaftspflege

Da Gehölze in allen möglichen Formen eine Lebensgrundlage für eine Vielzahl von Arten darstellen, ist nicht nur der Erhalt und die dafür erforderliche Pflege wichtig. Bei allen Maßnahmen, die in den Lebensraum von Arten eingreifen, ist der Artenschutz unbedingt zu berücksichtigen, um eine Gefährdung von Individuen oder gar ganzen Populationen zu vermeiden.

Wichtigster Anhaltspunkt hierfür sind die gesetzlichen Grundlagen, wie beispielsweise § 39 BNatSchG, welcher einen Zeitraum (Anfang Oktober bis Ende Februar) für größere Eingriffe wie beispielsweise Rodungen oder das Auf-Stock-Setzen von Gehölzen definiert, um diese möglichst konfliktarm durchzuführen. Allerdings gibt es auch Arten, die sich ganzjährig in ihren Lebensräumen aufhalten oder die jedes Jahr die gleiche Niststätte nutzen.

Im Zweifelsfall ist es daher sinnvoll – insbesondere bei größeren Eingriffen und unabhängig von den ggf. erforderlichen Genehmigungen – mit der zuständigen Naturschutzbehörde oder Sachverständigen zu sprechen und die Maßnahmen nach Möglichkeit mit einer ökologischen Baubegleitung (bspw. Kontrolle möglicher Nist- oder Ruhestätten) durchzuführen.

Zahlen, Daten, Fakten: Der Maßnahmen-Steckbrief

Maßnahmetyp: Gehölzpflege- und Rodungsarbeiten
Ziellebensraum: Naturnahe Gehölzbestände in Siedlungen
Größe: Flächige Rodungen (Jungwuchs, Brombeere): ca. 240 m²
Fällung von Bäumen: 54 Stück
Rodung von Bäumen (inkl. Stubben): 25 Stück
Pflege von Kopfweiden: 24 Stück
Umsetzung: 20.01. – 14.02.2022
Kooperationspartner: Baumdienst Nord GmbH
Kosten: 36.183,35 € (brutto)

Sie haben Fragen zur Entwicklung naturnaher Gehölzbestände oder zu artenschutzrechtlichen Belangen? Dann nehmen Sie gern Kontakt auf.

Vreni Zimmermann

Weitere Informationen zum Biotopverbund InselBiotope:

Landschaftspflegeverband Rügen e.V.
Vreni Zimmermann
Telefon: 03838 404512
E-Mail: vreni.zimmermann@lpv-ruegen.de